- Zinsen
- I. Volkswirtschaftslehre:1. Begriff: Preis für die Überlassung von Kapital bzw. Geld. In diesem Sinn werden auch ⇡ Mieten und Pacht gelegentlich als Z. angesehen.- 2. Höhe: Der Zinssatz bildet sich nach marktmäßigen Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Die Höhe variiert je nach der Länge der Leihfristen; dadurch unterschiedliche Zinssätze am Geld- und Kapitalmarkt. Durch geldpolitische Maßnahmen kann die Höhe des Zinssatzes beeinflusst werden (Offenmarktgeschäfte, Angebote ständiger Fazilitäten). Es können auch Zinsgrenzen vorgeschrieben sein.- 3. Wirtschaftstheoretische Behandlung des Zinsproblems: ⇡ Zinstheorie.II. Bankwesen:1. Zu unterscheiden: a) Aktiv- oder Sollzinsen: Z., die die Bank erhält, also der Kunde zu zahlen hat.- b) Passiv- oder Habenzinsen: Z., die die Bank für die ⇡ Einlagen an die Kunden zu vergüten hat.- 2. Die Höhe der Z. ist grundsätzlich vertraglich zu vereinbaren. Sie können je nach Marktlage und Fristigkeit der Einlage schwanken.- Vgl. auch ⇡ Zinsänderungsrisiko.III. Handelsrecht:Rechtlich unterscheidet man vertraglich vereinbarte und gesetzliche Z. Ohne Vereinbarung sind u.a. ⇡ Verzugszinsen und ⇡ Prozesszinsen zu zahlen. Kaufleute untereinander sind berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen ⇡ Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Z. zu fordern (§ 353 HGB).- Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen u.a. Verwendungen können sie vom Tage der Leistung an Z. berechnen (§ 354 HGB).- Vgl. auch ⇡ Zinsfuß, ⇡ Zinseszinsen.IV. Finanzbuchhaltung:Posten der ⇡ Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).- 1. Aufwandszinsen und zinsähnliche Aufwendungen (§ 275 II Nr. 13, III Nr. 12 HGB).- 2. Ertragszinsen (§ 275 II Nr. 9–11, III Nr. 8–10 HGB).- 3. Fremdkapitalzinsen sind im Regelfall weder Anschaffungs- noch Herstellungskosten; sie können als ⇡ Anschaffungskosten (aber nur bei Neuanlagen mit längerer Bauzeit und entsprechenden Vorauszahlungen, strittig) oder als ⇡ Herstellungskosten (§ 255 III HGB) nur ausnahmsweise aktiviert werden.- 4. Skonti sind keine Aufwands- oder Ertragszinsen, sie sind Anschaffungspreisminderungen bzw. ⇡ Erlösschmälerungen.V. Kostenrechnung:1. Begriff/Charakterisierung: Entgelt für die Inanspruchnahme des Produktionsfaktors Kapital (Finanzmittel), unabhängig vom verwendeten Kostenbegriff (⇡ wertmäßiger Kostenbegriff, ⇡ pagatorischer Kostenbegriff, ⇡ entscheidungsorientierter Kostenbegriff).- 2. Erfassung und Verrechnung: a) Vollkostenrechnung: Ansatz von kalkulatorischen Z. für das gesamte im Betrieb eingesetzte Kapital anstelle tatsächlich gezahlter Z. Die Höhe des einheitlichen Zinssatzes leitet sich dabei zumeist aus den Kosten einer langfristigen Fremdfinanzierung ab, wird in vielen Unternehmen jedoch auch unter unternehmenspolitischen Erwägungen festgesetzt. Aktuell gewinnt die Ableitung der Zinshöhe aus kapitalmarktbezogener Sicht (CAP) im Rahmen der Wertorientierung des Unternehmens (⇡ Shareholder Value) eine immer größere Bedeutung.- Aus dieser Offenheit der Bewertung resultieren Mängel bei der Verwendung der Zinskosten für die Fundierung und Kontrolle betrieblicher Entscheidungen.- b) Entscheidungsorientierte Z. sind ihrem Wesen nach eine spezielle Kategorie variabler Gemeinkosten (⇡ variable Kosten, ⇡ Gemeinkosten). Ihre genaue Höhe lässt sich für eine bestimmte kapitalbindende Entscheidung nicht bestimmen, zusätzlich benötigte Finanzmittel ziehen jedoch stets zusätzliche Finanzierungskosten nach sich. Für die Fundierung und Kontrolle von Entscheidungen muss deshalb (nach einer detaillierten Bestimmung der Höhe des gebundenen Kapitals) der Wertansatz prinzipiell offen bleiben, kann nur in seiner möglichen Bandbreite (unterschiedliche Zinssätze für unterschiedliche Finanzierungsquellen) vorgegeben werden. Erforderlich sind darauf aufbauend entscheidungsbezogene Sensitivitätsüberlegungen mit alternativen Zinssätzen innerhalb dieser Bandbreite.VI. Steuerrecht:1. Abgabenordnung: Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einer Steuernachforderung oder Steuererstattung, ist diese gemäß § 233a AO zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.- 2. Einkommensteuer: Vereinnahmte Z. fallen in die Einkunftsart ⇡ Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn sie keine ⇡ Betriebseinnahmen darstellen.- Vgl. auch ⇡ Schuldzinsen.- 3. Gewerbesteuer: Gezahlte Z. sind u.U. als Dauerschuldzinsen zur Hälfte der gewerbeertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage (⇡ Gewerbeertrag) hinzuzurechnen. Literatursuche zu "Zinsen" auf www.gabler.de
Lexikon der Economics. 2013.